Experimentelle Archäologie: Rekonstruierte römische Glasöfen im Einsatz

- das "Velzeke Furnace Project" 2008 -

 

Am 21. bis 23. November 2008 fand anläßlich der Sonderausstellungs-Eröffnung "Fragil - gläserne Kostbarkeiten aus dem Römischen Reich" ein experimentelles "Glasblase-Wochenende" statt, an dem die ROMAN GLASSMAKERS Mark Taylor und David Hill im Provinciaal Archeologisch Museum Velzeke (Belgien) an einem rekonstruierten römischen Glasofen gearbeitet haben.


Schemazeichnung des Glasofens (© David Hill)

0Bodenniveau
1Ofensohle
2Feuerkammer / Aschenkammer
3inneres Sims für die Glashäfen
4Ofendom
5äußeres Ablagesims, auch Auflage für den Ziegel 12
6Schüröffnung
7Kaminloch, Öffnungsweite justierbar mit Ziegel 13
8Arbeitsöffnung, Öffnungsweite justierbar mit Ziegel 12
9Öffnung zum Vorheizen der Werkzeuge (Glasbläserpfeifen / Hefteisen)
10Glashafen
11Brennholz
12Ziegel zum Verschließen der Arbeitsöffnung (z.T. auch mit Reduzierring o.Abb.)
13Ziegel zum Verschießen des Kaminlochs


Ein Kurzbericht über das Experiment

Das erste Einsatzwochenende des im Herbst 2008 u.a. von Robert van Zijll de Jong im Auftrag des Provinciaal Archeologisch Museum Velzeke (PAM, Belgien) nach Angaben der ROMAN GLASSMAKERS Mark Taylor & David Hill konstruierten Glasofens nach römischen Vorbild samt seines "kleines Bruders", des Entspannungs- bzw. Kühlofens, sollte planmäßig in der 47. Kalenderwoche des Jahres 2008 erfolgen. Dem ging eine längere Trocknungsphase der aus anstehendem Ton und Lehm sowie römischen Dachziegelfragmenten errichteten Öfen voraus, die durch ein testweises moderates Anfeuern der Öfen abgeschlossen wurde.

Montag - 17.11.2008

Am Montag, den 17.11.2008 erfolgte ein achtstündiges Anheizen des Glasofens auf 200°C mit folgender Abkühlphase über Nacht. Zum einen war abzusehen, daß die recht dünne Personaldecke mit den anstehenden Nachtschichten schon genug strapaziert werden würde, zum anderen ermöglichte der von Projektleiter François van den Dries aufgestellte Zeitplan mit einer Temperaturerhöhung um 30°C pro Stunde einen "richtigen" Start am Dienstagmorgen, so daß in etwa passend zur Ankunft der ROMAN GLASSMAKERS Mark Taylor & David Hill am Mittwochmittag die zum Einfahren der Glasmasse nötige Temperatur im Ofen erreicht sein sollte.

Als Brennmaterial stand trockenes Birkenholz in Scheiten von etwa 1 Meter Länge zur Verfügung. Es handelte sich sowohl um Äste von ca. 20 cm Durchmesser, halbierte Stämme und auch Viertelstämme, jeweils mit Rinde. In einigen Phasen des Experiments wurde das Holz für den Glasofen verwogen um eine Übersicht über den Energieverbrauch des Ofens pro Stunde während verschiedener Betriebsphasen zu erhalten. Die Holzscheite variierten im Gewicht stark; durchschnittlich lagen sie bei etwa 4 kg. Die Scheite wurden mit Rinde verbrannt, die bei zu hektischem Einführen des Holzes in den Brennraum Anlaß zu schönen Rußschwaden gab. Allerdings ließ sie sich auch gezielt zur spontanen Temperaturerhöhung einsetzen.

Dienstag - 18.11.2008

Dienstagmorgen wurde der Ofen mit den auf einem Sims in ihm aufgestellten noch leeren fünf Glashäfen wieder angezündet. Die Glashäfen wurden von Robert van Zijll de Jong aus lokalen Tonen nach Originalvorlage (u.a. aus dem Hambacher Forst) handgetöpfert und in direkter Nachbarschaft zu den Glasöfen auf einem holzbefeuerten Keramikofen gebrannt. Neben ihnen befanden sich noch ein paar handgetöpferte Amphoren, ein Becher und eine Ton-Öllampe als "Versuchskaninchen" im Ofen. Man wollte sehen, ob sich auf ihnen nach der Woche Ofenbetrieb entweder eine eventuell durch bei der Holz-Verbrennung entstehende Potasche provozierte Verglasung oder Versinterung oder durch Glasdämpfe verursachte Verglasung der Gefäßoberflächen zeigen würde. Oder auch gar nichts.

Ausgehend von einer Restwärme vom Vortag von 34°C oben wie unten um 10 Uhr wurden gegen Mitternacht 653°C im Feuerraum und 459°C in Höhe der Gefäße erreicht. Die geforderte moderate Temperaturerhöhung um 30°C pro Stunde erwies sich insbesondere in den Nachtstunden als Geduldsprobe. Die mit 3,5°C recht kühle Nacht im seitlich offenen Schutzbau tat ihr übriges; allerdings sollte die Temperatur bis 3 Uhr morgens noch auf 1,5°C fallen.

Mittwoch - 19.11.2008

Robert van Zijll de Jong hatte wieder gut zu tun, "IHR" (dem Glasofen) wieder faltenfüllende Kosmetik angedeihen zu lassen: Die über Nacht entstandenen Spannungsrisse wollten wieder mit Lehm gefüllt werden. Die meiste mechanische Belastung schien dem Glasofen während der Anfeuerungsphase zu widerfahren. Während des Betriebs weiteten sich die Risse kaum, verlangten aber trotzden von Zeit zu Zeit etwas Aufmerksamkeit.

Mit Ankunft der ROMAN GLASSMAKERS Marks Taylor und David Hill in Velzeke wurden die letzten paar Stunden des Feuerungsplans ad acta gelegt. Mark Taylor wollte wohl schnellstmöglich wissen, ob die erforderliche Arbeitstemperatur von ca. 1050°C erreicht werden würden. Bis dahin hatten die Temparaturen im Feuerraum Priorität für die gleichmäßige Erhitzung der dicken Ofenbasis. Nun lag der Fokus auf der Temperatur in Höhe der noch leeren Glashäfen.

Gegen 14:30 Uhr wurden die Glashäfen sukzessive mit Glasscherben befüllt. Die Temperaturen liegen bei 1138°C im Feuerraum und 990°C in Hafenhöhe. An den beiden gegenüberliegenden großen Entnahme- und Arbeitsöffnungen befanden sich jeweils zwei Häfen, die mit "naturfarbenem"/ungefärbtem (leicht grünlichem) Glas befüllt wurden. Ein weiterer Hafen lag hinter einer kleineren einzelnen Arbeitsöffnung und wurde mit kobaltblauem Glas befüllt. Die Befüllungen erfolgten in mehreren Schüben um die Ton-Häfen nicht über Gebühr zu strapazieren. Gerade mit diesen aus lokalem Ton hergestellten Gefäßen lagen bis dato noch keine Erfahrungen vor. Die Bruch-Befürchtungen sollten sich aber als grundlos herausstellen.

Der Schmelzprozeß der Glasscherben begann sehr schnell, schon nach etwa einer Stunde konnte Mark Taylor einen ersten Teststab drehen. Nach nur drei Stunden blies Mark Taylor schon das erste extrem blasige und leicht verklumpte Test-Gefäß, welchem aber aufgrund der inneren Spannungen kein langes Leben beschieden war. Der Kühlofen sollte erst am folgenden Donnerstag in Betrieb genommen werden. Trotz der Blasigkeit und einiger nicht richtig geschmolzener Glasklumpen diente diese erste Kanne als gutes Beurteilungs- und Vergleichsstück für die Glasgüte.

Während der folgenden Nächte sollte die Hafentemperatur nicht unter 1000°C absinken, was die Nachtbeschäftigung etwas intensiver gestaltete.

Donnerstag - 20.11.2008

Am Donnerstag begann Mark Taylor gegen 13:00 seine etwa fünfstündige Arbeitsphase, zu der auch der Kühlofen das erste Mal während dieser Woche angefeuert wurde. In ihm sollten die fertigen Glasgefäße bei einer Temperatur von 500-550°C für eine gewisse Zeit innere Spannungen abbauen können um dann langsam auf eine Entnahmetemperatur im Bereich von 30°C herunterzukühlen. Dazu wurde der Ofen zunächst während der Arbeitsphase des Glasbläsers auf eine Temperatur von etwa 500°C gebracht, die nach Abschluß der Arbeit auf 550°C erhöht wurde. Anschließend wurden sämtliche Öffnungen des Ofens, also auch die Feuerungsöffnung un die Kaminöffnungen, verschlossen. So kühlte der Ofen langsam über Nacht aus.

Die Arbeitstemperatur des Glasofens sollte am Donnerstag noch etwa 1050°C in Höhe der Häfen betragen. Das erwies sich im Wortsinne als etwas zäh, was auch an der relativen Dickwandigkeit der am Donnerstag produzierten Gefäße erkennbar war. Dennoch waren sowohl freigeblasene Gefäße wie Schüsseln, Kännchen, Kannen und Flaschen wie auch Formgeblasenes machbar. Die im Vergleich zu einer normalen Glasbläser-Werkstatt hier deutlich niedrigeren Außentemperaturen machten ein häufiges Nacherhitzen im Ofen nötig. Gerade das kobaltblaue Glas war bei den gemessenen 1050°C noch sehr zäh, was seine Verwendung für Gefäßhenkel sehr einschränkte.

Leider machte die schlechte und feucht-windige Witterung einen Umbau des fast allseitig offenen Schutzbaus nötig, der mit eher weniger hübschen Spanplatten improvisiert wurde. Das beeinträchtigte fortan zwar die schöne Optik des Holzbaus, war aber zum sicheren Arbeiten zwingend nötig, da hereinfahrender Wind den Ofen vorher zu einigen Feuerstürmen provozierte. Unberechenbarer Flammen- und Hitzeschlag ist sicherlich nichts, was ein Glasbläser bei seiner Arbeit gebrauchen kann.

Zur Fertigung formgeblasener Gefäße in Tonformen hat sich eine simple Technik bewährt, um ein Lösen und Anhaften von Tonpartikeln im Glas zu vermeiden: Die Tonformen werden innen ausgerußt. Dazu ist die Replik einer Öllampe mit Glasbläser-Abbildung ist sicherlich das stilvollste Instrument. Da der Ruß von der heißen Glasmasse teilweise verbrannt wird muß dieser Trick regelmäßig wiederholt werden.

 

Freitag - 21.11.2008

Die bei angezeigten 1050°C noch etwas zähe kobaltblaue Glasmasse gab Anlaß, die Arbeitstemperatur in Hafenhöhe am Freitag auf 1060°C zu erhöhen, was für den Ofen kein Problem darstellte. Dabei stieg der Holzverbrauch kaum merklich an. Alle Beteiligten entwickelten nun eine gewisse Routine bei ihren Arbeiten an den Öfen. Unbeteiligten Beobachtern bot sich fortan das Bild eines eingeschworenen und gut eingespielten Teams.

Die Temperaturerhöhung um 10°C war für den Glasbläser eine spürbare Erleichterung. Die Gefäße konnten nun auch wesentlich dünnwandiger als am Vortag geblasen werden, ebenso boten die 1060°C beim Ansetzen der Henkel mehr Reserve.

Ab dem späten Vormittag zeigten sich Merkwürdigkeiten bei den Digitalthermometern: Die Temperatur im Feuerraum sank stetig und unterschritt kurz vor Mittag sogar die Temperatur der Glashäfen! Vorher hatte sich die Temperaturdifferenz auf etwa 100°C eingependelt. Nachdem ein Abschatten der unteren Meßsonde durch Asche und eine Beschädigung des Sensors ausgeschlossen werden konnten wurde da Phänomen weiter bis zum Absinken auf 829°C um 17 Uhr beobachtet. Dann wurde das Meßgerät für tot erklärt. Kurioserweise heilte es sich aber in einer etwa einstündigen Ruhephase von selbst, so daß ab 19 Uhr wieder glaubhafte Temperaturwerte für den Feuerraum gemessen werden konnten. Während dieses Ausfalls lief der Arbeitsbetrieb normal weiter; die Temperaturen in Hafenhöhe lagen stets um 1060°C und es wurde durchgängig am Ofen gearbeitet.

Zwischen 15 und 16 Uhr wurde der Aschenkasten des Glasofens nun zum dritten Mal geleert: Es fielen zwei Zinkeimer mit 10 Liter Fassungsvermögen Asche und Glut an. Nun war zuverlässig abschätzbar, daß eine Aschenleerung pro Tag auch im Dauerbetrieb des Ofens genügen würde. Der Temperaturabfall in Hafenhöhe lag bei weniger als 50°C während des Leerens, wobei die Temperatur der Glasmasse in den Hafengefäßen kaum in wenigen Minuten gravierend sank. Die Arbeitstemperatur von 1060°C war in wenigen Minuten wieder erreicht. De facto beeinträchtigte die Leerung die Arbeit des Glasbläsers kaum.

Samstag - 22.11.2008

Der Samstag sollte ein außergewöhnlich langer Arbeitstag für das gesamte Team werden: Gegen 18 Uhr war die Eröffnung der Sonderausstellung "Fragiel, glazen kostbaarheden uit het Romeinse Rijk" ("Fragil - gläserne Kostbarkeiten aus dem Römischen Reich") geplant, nach der noch eine letzte Glasblase-Vorführung vor wichtigem Publikum stattfinden sollte. Aber auch den ganzen Tag über kam Mark Taylor nicht zur Ruhe - denn Samstag war der erste "offizielle" Tag des Glasofen-Experiments. Dementsprechend kamen trotz widriger Witterungsbedingungen ständig Besucher, denen natürlich auch Glasblase-Demonstrationen geboten wurden. So füllte sich der Kühlofen im Laufe des Tages bis zum Bersten. Manchen Besuchern bot sich die einmalige Gelegenheit, nicht nur beim Glasblasen zuzuschauen, sondern sogar beim Formblasen zu assistieren. Selbst aus Deutschland fanden einige Besucher den Weg nach Flandern.

Leider meinte es das Wetter nicht gut mit uns: Ganz Belgien verschwand unter einer dicken Schneedecke - und damit auch Velzeke und das Glasofen-Experiment! Das Gelände konnte sich zwischen Schnee- und der Sumpflandschaft der Vortage nicht entscheiden.

Sonntag - 23.11.2008

Nichts Neues am Sonntag, oder: Business as usual. Die Öfen taten genauso klaglos ihre Dienste wie ihr umgebendes Personal. Wobei letzteres mehr Ermüdungserscheinungen zeigte. Das Sortiment an experimentell gefertigten Gläsern vergrößerte sich Tag für Tag.

Nur die Witterung verschlechterte sich weiter: Der Wind drehte, so daß Mark Taylor lange Zeit mit schneebedecktem Pulli schneeflockenumwirbelt arbeiten durfte. Sicherlich eine neue Erfahrung für ihn. Vielleicht aber eine Erfahrung, die nicht unbedingt hätte sein müssen. Ein paar "dekorative" Spantafeln sollten das Schlimmste von ihm fernhalten. Trotzdem entstanden viele schöne Gefäße, die eine weitere Temperaturerhöhung um 10°C auf nun 1070°C in Hafenhöhe noch feiner wirken ließen. Auch diese höhere Temperatur war ohne Probleme über den Arbeitszeitraum zu halten.

Das letzte von Mark Taylor gefertigte Glasgefäß stellt wohl das Highlight seiner ersten "belgischen Kollektion" dar: Der Rüsselbecher ist zwar nicht ganz römisch, sondern zumindest fränkisch zu nennen, aber er stellt dem Handwerker ein besonderes Zeugnis aus; ganz besonders, wenn man seine Entstehungsumstände im November um den Gefrierpunkt im Schneetreiben an einem holzbefeuerten Glasofen bedenkt.

Ein letztes Feuerwerk (oder besser Wasserspiel?) sollte noch das Leeren des Glasofens sein: Da der Sonntag der letzte "aktive" Tag des Glasofen-Experiments sein sollte, wurde der Betrieb am Glasofen am Abend eingestellt, und die Glashäfen so weit wie möglich geleert. Dazu wurde Glasmasse mit einem Stab aufgenommen und in mit Wasser gefüllte Eimer abtropfen gelassen. Die Wasserdampfentwicklung ist phänomenal! Es funktioniert übrigens auch mit Schnee im Eimer. Der Kühlofen mit der sonntäglichen Tagsproduktion wurde wieder nachtsicher gemacht - der Glasofen hatte nun endlich die verdiente Feuerpause, die bis Mai 2009 anhalten soll.

Montag - 24.11.2008

Der letzte Montag war im Vergleich zu den vorangegangenen Tagen eine reine Entspannung und stand unter dem Zeichen der Abreise. Zuvor wurde noch der Kühlofen geöffnet und "geplündert": Das absolute Highlight war das Abschlußstück des Experiment, der Rüsselbecher. Doch auch die anderen Gefäße wie die blauen formgeblasenen Kännchen mit Vorbild im Toledo Museum of Arts glänzten - besonders nachdem eine kurze Wäsche den Aschenniederschlag des Kühlofens beseitigte.

Gegen Mittag löste sich das internationale Team auf, und die Partien strebten gen ihre Heimatgefilde - um sich spätestens im Mai 2009 wieder an Ort und Stelle zu treffen.

Fazit

Für mich waren einige Beobachtungen wichtig: Daß die zur Glasverarbeitung (insbesondere zum Glasblasen) nötige Temperatur von mindestens 1050°C erreicht werden würde, hatte ich stillschweigend aufgrund der vorangegangenen Experimente der ROMAN GLASSMAKERS in England vorausgesetzt (siehe Glasofenexperiment QFP). Erstaunt hat mich jedoch die gute Kontrollierbarkeit der Ofentemperatur in Höhe der Hafengefäße. Während der Arbeitsphasen von Mark Taylor war durch geschicktes Trimmen des Ofens (durch Verschieben des Ziegels auf dem "Kamin", Justage der Arbeitsöffnungen sowie des gezielten Nachschieben des Holzes) die Temperatur über längeren Zeit nahezu gradgenau haltbar.

Der Glasofen erwies sich als verblüffend effektiv: Im laufenden Betrieb fielen bei einer Aschenleerung pro Arbeitstag nur ca. 20 Liter (2 Eimer) Asche bzw. Holzkohle an! Das bei einem Verbrauch von etwa einer halben Tonne Birkenholz pro Tag. Zudem ließ der Ofen sich nahezu rauchfrei betreiben. Die Öfen zeigten die erwarteten Spannungsrisse, die aber den Betrieb in keiner Weise einschränkten. Auch die als potentielle Schwachstelle eingeschätzten originalgetreuen Glashäfen taten anstandslos ohne sichtbare Leckagen ihren Dienst.

Der Schutzbau hat sich bei der extrem widrigen Witterung als zu offen erwiesen: Aufgrund der starken Winde mit Regen- und auch Schneefällen mußten vor Ort kurzfristig diverse Notmodifikationen in Form von Preßspantafeln angenagelt werden, die sich zwar als effektiv, aber keinesfalls dekorativ erwiesen haben. Besonders der Sonntag hat mit drehendem Wind und Schneefällen plastisch gezeigt, wie wichtig ein ausreichender Witterungsschutz für den Glasbläser ist: Mark Taylor arbeitete zum Teil mit weißem Rücken im wildem Schneegestöber und der Ofen war durch den in seine Arbeitsöffnung einfahrenden Wind deutlich nervöser als die Tage zuvor. Würde dann an der gegenüberliegenden Arbeitsöffnung ein Kollege arbeiten, wäre dieser über die herauswehenden Flammenböen sicherlich nicht erfreut.

Eventuell lohnt sich auch eine Modifikation der Rauchführung im Kühlofen, da einige Gläser einen irreversiblen Beschlag zeigen, der von Rauch bzw. Asche des Brennholzes verursacht worden sein müßte. Nachdem dieser Effekt schon beim ersten Betrieb des Kühlofens bei fast allen Gefäßen beobachtet wurde, erfolgte eine provisorische Trennung des Gefäßraums vom Rauch durch lose eingestellte Schamottplatten. Dies brachte schon deutliche Verbesserung, so daß der matte Beschlag nur noch bei höheren Gefäßen wie z.B. dem Rüsselbecher und zudem nur auf ihrer oberen Hälfte auftrat. Weitere Verluste waren entweder zu hoher (Einsinken/Verzug) oder zu niedriger (Rißbildung) Temperatur im Kühlofen geschuldet (siehe Seite Fehlproduktion).

Die letzte wünschenswerte Verbesserung für die im Mai 2009 geplante Wiederholung des Experiments wäre eine deutliche Personalaufstockung für das Feuern des Ofens, insbesonders während der Nachschichten. Vielleicht möchte ja der eine oder andere geneigte Leser ein kuscheliges Nachtschichtchen am bullernden Holzofen im schönen Flandern verbringen? ;-)

Diese in den letzten Zeilen geäußerten Kritikpunkte sind aber alles Kleinigkeiten, die keinesfalls den Eindruck eines gescheiterten Experiments entstehen lassen sollten! Ganz im Gegenteil! Obwohl diese Woche in Belgien alle Beteiligten viel Kraft (Einige auch ein paar Nerven...) gekostet hat, war sie wohl ein voller Erfolg, was nicht zuletzt die produzierten Gefäße auch anschaulich belegen.

Noch einmal hervorzuheben sind die einmalige Stimmung vor Ort und die gute Zusammenarbeit in diesem wahrlich europäischen (aus zwei Engländern, zwei Niederländern, einem Deutschen und mehreren Belgiern bestehenden) Team. Für mich war das Experiment in vielerlei Hinsicht höchst interessant und lehrreich! Dann habe ich als Heizer anscheinend eine recht persönliche Beziehung zu "IHR" (dem Glasofen) aufgebaut. Ich kann nur sagen, daß ich keine Minute bereute und mich schon jetzt (Dezember 2008) auf den Mai 2009 freue!

Ich bedanke mich, daß ich Teil dieses Experiments sein durfte!

 

Frank Wiesenberg, im Dezember 2008
(ergänzt im Januar und Mai 2010)

 


Für fotografische und moralische Unterstützung während des November-Wochenendes möchte ich mich bei Manuela Arz bedanken, ohne die nicht nur dieser Seite viele schöne Fotos von diesem Experiment fehlen würden!

Weitere Fotos dieses Experiments sind auf der Webseite des MEDICUS LUCIUS FABIUS ANTHIUS zu finden.

 

Diese experimentelle Vorführung wurde vom 30. Mai bis zum 1. Juni 2009 anläßlich des Endes der Sonderausstellung wiederholt, siehe dazu auch die Seite "Velzeke Furnace Project 2009"

 


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